Im Juni 2021
Mit einer selten so intensiv gefühlten Sehnsucht nach Bewegungsfreiheit und mit einer ordentlichen Portion Fernweh ausgestattet, hatten wir uns kurzfristig entschlossen, unseren Urlaub für ein paar neue Genusseindrücke zu nutzen. Obwohl ich noch schmerzhaft von einem der seltenen Gichtanfälle geplagt wurde, sind wir am Samstag früh um 5 Uhr pünktlich wie geplant zur ersten Station unserer Reise in Piemont aufgebrochen. Selbstverständlich hatten wir am Vorabend den obligatorischen Coronatest über uns ergehen lassen. Hier sei auch mal der tolle Einsatz vom Team der Ertelt-Apotheke in Bisingen erwähnt, wie immer toll verstärkt durch die DLRG Bisingen. Sie sind trotz der Hitze, trotz der Mehrbelastung immer freundlich, total nett und gut gelaunt, so dass einem der Test selbst nichts ausmacht. Diese Mannschaft bringt einen großen, zusätzlichen Einsatz, damit Menschen wie wir eine Urlaubsreise antreten können. Wir bedanken uns auch auf diesem Wege nochmals ausdrücklich dafür.
Mit dem positiven Negativergebnis in der Tasche, ergänzt durch eine fertig ausgefüllte Einreiseanmeldung für Italien (die Online-Anmeldung hatte leider nicht funktioniert) sind wir aufgebrochen.
Die fehlenden LKW am Wochenende machen sich schon sehr bemerkbar. Die gesamte Fahrt, Grenzübertritte von Deutschland in die Schweiz, wie auch von der Schweiz nach Italien verliefen vollkommen problemlos und zügig. Wir bevorzugen seit Jahren die Hin- und Rückfahrten an Samstagen oder Sonntagen, man wird mit einem deutlich stressfreieren Reiseverlauf belohnt.
Nachdem sich das Apothekenteam und die DLRG Mannschaft so viel Mühe mit unseren Coronatests gemacht hatten, Johanna sich so akribisch auf die Einreise nach Italien vorbereitet hatte, kam es schon fast einer Enttäuschung gleich, dass bei der Einreise nach Italien kein Mensch einen Coronatest oder gar eine Einreisebescheinigung sehen wollte.
Mit unserem obligatorischen Picknickkorb ausgestattet und mit den angenehmen wie auch notwendigen Fahrpausen sind wir schon um kurz nach der Mittagszeit an unserem ersten Ziel, dem Weingut Ada Nada in Treiso/Piemont angekommen. Annalisa und Elvio, die Inhaber des Weingutes und des Agriturismo haben uns wiederum sehr überrascht. Damit Johanna in dem Ferienhäuschen, welches wir bevorzugt nutzen, mit dem Rollstuhl besser zurecht kommt, hat uns Elvio ja bereits vor ein paar Jahren eine Rampe an den Eingang gebaut. In diesem Winter haben sie für Johanna das Bad umgestaltet, eine vorhandene Waschmaschine in die Einbauküche integriert und Haltegriffe an einem neuen, höheren WC installiert. Es sind diese kleinen warmherzigen Gesten, die uns zeigen, dass wir keine normalen Beherbergungsgäste sind, sondern es auch Annalisa und Elvio sehr wichtig ist, dass wir noch lange bei ihnen unseren Urlaub verbringen können. Die herzlichen Begrüßungen unterstreichen dies natürlich immer wieder. Was wir nicht vergessen und auch dieses Mal wieder als Gastgeschenk für Elvio und Annalisa dabei hatten, waren 5 Liter gutes deutsches Bier. Die beiden mögen unser Bier einfach.
Das Weingut Ada Nada liegt auf einem der vielen Hügelspitzen nahe Treiso, komplett von den eigenen Weinbergen umgeben. Das Weingut vermarktet sich komplett selbst. Schwerpunkt sind die für die Langhe so bekannten Rotweine wie Dolcetto, Barbera, Nebbiolo und natürlich die herausragenden Barbaresco Rotweine, welche ebenfalls aus der Nebbiolotraube produziert werden. Hierfür sind im Unterschied zum klassischen Nebbiolo die exakt definierten, erstklassigen Lagen der Reben und der definierte Produktions- und Reifeprozess der entscheidende Unterschied. Inzwischen bekommt man aber ebenso einige Weißweine, einen Roséwein und auch einen Sekt, im Champagnerverfahren produziert, aus dem Hause Ada Nada. Neben der Vermarktung direkt vor Ort im Weingut exportiert das Weingut Ada Nada in die USA und nach China. Ebenso kann man die Weine von Ada Nada auch in einigen guten Restaurants der Region und auch landesweit angeboten bekommen. Die ausgezeichneten Weine vom Weingut Ada Nada sind inzwischen längst auch in der vielfach ausgezeichneten Gourmetgastronomie angekommen. Neben der Weinproduktion, welche nach wie vor den wirtschaftlichen Schwerpunkt des Betriebes darstellt, kann die Agriturismo inzwischen rund 30 Betten anbieten. Klassisch, wie es italienischen Agriturismo-Vorgaben erlauben, mit Frühstück.
Das Frühstück bei Annalisa ist ein echtes Highlight des Tages. Es werden täglich frische, hausgemachte wechselnde Kuchen sowie herzhafte Quiches und Omeletts angeboten, es kann auch mal eine Gemüsepizza dabei sein. Hausgemachte Salami oder eigenes Obst und Gemüsevariationen, alles in sauberer und gesunder Qualität. Auch die Käseauswahl stammt von einer befreundeten, hochwertigen Käserei in der Region. Kaffee bzw. Getränkewünsche werden individuell frisch gemacht und an den Tisch gebracht. Es geht herzlich und freundlich zu. Über die Sommermonate wird das Frühstück auf einer schönen Terrasse mit Rundumblick auf die Weinberge und Dörfer der Umgebung serviert.
Ein Wort zum Thema Covid 19: Das Frühstück mit Selbstbedieungsbuffet ist leider aktuell nicht machbar. Auch in Italien werden viele sinnvolle Maßnahmen umgesetzt. Jeder Gast bekommt das Buffet erklärt und von einer der herzlichen Damen zusammengestellt wie man es möchte. Am Buffet tragen alle Gäste und Mitarbeiter von Annalisa die Maske, das Personal trägt die Maske die ganze Zeit. Was nicht stattfindet, ist die germanische Hysterie – auf die mussten wir, von vereinzelten Begegnungen mit weiteren Gästen aus Deutschland abgesehen, verzichten. Auf die Sicherheit aller, mit vernünftigen Maßnahmen und intelligenten Interpretationen von Maßnahmen, wird konsequent geachtet. Dies ist nicht nur am Frühstücksbuffet der Fall, sondern bestimmt auch das tägliche Leben – zumindest in den Regionen, die wir in dieser Zeit besucht haben, in den Restaurants und auf den Straßen Italiens. Für die, die es wünschen, können auch in Italien, auch im Piemont, Testangebote für Covid 19 wahrgenommen werden.
Trotz der Tatsache, dass wir seit fast 20 Jahren immer wieder regelmäßig ins Piemont fahren und viele unserer Kurzurlaube dort verbracht haben, entdecken wir, vor allem kulinarisch, immer wieder neue Restaurants. Dieses Mal wurden wir erst einmal überrascht davon, dass 2 liebgewonnene Restaurants geschlossen haben bzw. die Inhaber wechseln werden. Das hat, obwohl nur 4 Abende für einen schönen Restaurantbesuch zur Verfügung standen, dazu geführt, dass wir sage und schreibe 3 neue Restaurants kennenlernen durften.
Nur am ersten Abend, auch aufgrund der langen Anreise, waren wir sehr froh, dass wir in der altehrwürdigen Trattoria „Risorgimento“ in Ortskern von Treiso trotz Hochsaison einen Tisch bekommen haben. Von diesem Besuch gibt es dieses Mal keine Bilder, aber dafür von viel Geschmack und erstklassigem Essen zu berichten.
In der Trattoria Risorgimento in Treiso hat die junge Generation das Regiment nun wohl ganz übernommen. Sehr gefreut haben wir uns über den tollen Platz in der Außengastronomie am Abend. Bei fast 30 °C sommerlichem Wetter ein Genuss schon vor dem Essen. Das gesamte Essensangebot wurde uns auf einer großen, an eine Staffelei erinnernde Tafel präsentiert. Die komplette Mannschaft jung, freundlich und sympathisch stellt auf diese Art die sehr typische Küche der Langhe vor.
Im kulinarischen Herzen von handgemachter Pasta, Carne Cruda, Vitello Tonnato, Barbera-, Barbaresco- und Barolo- Rotweinen ist das Risorgimento in Treiso immer einen Besuch wert. Müde von der langen Anfahrt fiel unser Menu jedoch etwas kleiner aus.: Johanna begann mit einem Carne Cruda, eine Kleinigkeit zu grob geschnitten, aber natürlich traditionell mit der Hand, etwas zu sanft gewürzt, jedoch wunderbar portioniert (8 von 10 Punkte*). Ich hatte als Vorspeise das Vitello Tonnato, super fein geschnitten, für die klimatischen Verhältnisse super temperiert serviert, der Garpunkt war minimal zu lange gewählt, die Thunfischmayonnaise dazu erstklassig (8 von 10 Punkte*).
Johanna wählte zum Abschluss, wie auch ich als Zwischengang; superfein handgeschnittene, hausgemachte Tajarin-Pasta mit klassischem Kalbfleischragu. Einfach immer wieder ein Erlebnis, das Ragu muss mehrere Stunden bei sanfter Hitze geschmort haben, für die Pasta wurden geschätzt mindestens 20 Eier auf ein Kilo Mehl verwendet. (8 von 10 Punkte*). Mein Menüabschluss machte das sehr traditionelle Kaninchen mit Paprika geschmort, dazu gebackene Kartoffelstückchen und gedünstete Karottenstreifen. Tolles, saftiges Fleisch im konzentrierten eigenen Saft mit ganzen Paprikastücken, gut geschmort, nicht zerkocht (8 von 10 Punkte*). Dazu hatten wir reichlich Mineralwasser und einen ordentlichen Barbera Superior (7 von 10 Punkte*) von einem regionalen Winzer. Auf einen Nachtisch haben wir diesen Abend beide verzichtet.
Im Risorgimento wird traditionell und sehr familiär gekocht und serviert. Der Service war gewohnt aufmerksam. Auch wenn es bereits unser 4. oder 5. Besuch dort war, freuen wir uns bereits auf das nächste Mal.
Preis/Leistung: Bei den hochwertigen und frischen Zutaten kann man in einer Region, welche zum Weltkulturerbe der Unesco zählt, die den sanften Tourismus ausschöpft und doch zelebriert, nur sehr selten günstiger Essen als im Risorgimento in Treiso. Mineralwasser wird hier einmal mit 2 Euro (Stand Sommer 2021) abgerechnet und auf Wunsch ohne weitere Kosten nachgereicht, einen Barbera Superior (Holzfassreifung) für gerade 20 Euro/0,75 Liter Flasche passt eben auch in das preiswerte Gesamtbild.
Unsere Gesamtbeurteilung sind 8 von möglichen 10 Punkten* für das Risorgimento in Treiso.
So lässt es sich nach einer langen Anfahrt (mit Pausen sind es dann doch immer wieder 7-8 Stunden Reisezeit), mit dem Glück einer wunderschönen Unterkunft und einem derart hochwertigen und guten Abendessen einigermaßen müde ins Bett fallen und gut schlafen.
Das Frühstück am nächsten Morgen, wie an allen darauf folgenden Tagen, hat alle (hohen…) Erwartungen zum wiederholten Male erfüllt. Es macht einfach Spaß.
Im Gegensatz zu unserer gewohnten Reisezeit (Ende September/Anfang Oktober) haben uns die hohen Temperaturen mehr als erwartet zu schaffen gemacht. Vor allem für Johanna ist das, was die körperliche Belastung angeht, mehr als nur eine Herausforderung. Wir haben uns trotz der wunderbaren Tage hier dazu entschlossen, den nächsten Kurzurlaub im Piemont wie gehabt auf den Herbst oder auch mal auf das Frühjahr zu legen. Wem aber Wärme und diese Temperaturen jenseits der 30 °C nichts ausmachen, für den ist das Piemont ganzjährig interessant.
Ein weiterer Vorteil, der für einen Besuch im Herbst spricht, ist die dann beginnende Weinlese. Die bedeutet für jeden Winzer der Welt, dass die Zeit beginnt, wo er für die ganzjährige Arbeit in den Weinbergen belohnt wird, indem er die Trauben ernten kann. Dies geht in dieser Region einher mit ausgelassenen Festivitäten, gut gelaunten Menschen und einer ausgelassenen Stimmung trotz anstrengender und langer täglicher Erntearbeit. Man spürt im Herbst in der Langhe förmlich die Liebe zum Wein(-bau), zum rustikal- ländlichen aber absolut hochwertigen Essen. Wer das Herz vom Piemont, die großen Weinbauregionen der Roero und Langhe zum ersten Mal besucht, sollte auf alle Fälle versuchen, im Herbst (Ende September/Anfang Oktober) in die Region Alba zu kommen. Hier werden die Traditionen und Charaktere dieser Region täglich sichtbar.
Am Sonntagabend waren wir dann bei einem der neuen Restaurant-Tipps von Annalisa. Wir hatten einen Tisch im „tasTe“ in Tre Stelle, einem Teilort vom bekannten Städtchen Barbaresco, ergattern können. Es ist in einem ehemaligen Schulhaus untergebracht. Die Renovierungs- und Einrichtungsarbeiten müssen erheblich gewesen sein. Zwei tolle Außengastronomiebereiche als Terrasse und Balkon sind die besonderen Merkmale hier. Nebenbei erwähnt besitzt dieses Restaurant eine Rollstuhlrampe, von der man aus direkt auf die tolle Terrasse kommt, welche einen atemberaubenden Ausblick, auf einem Hügel liegend über die berühmten Weinbauorte Neive oder Barbaresco und die tollen Weinberge erlaubt. Alles hat hier hochwertig gewirkt. Sehr geschmackvoll eingerichtet, schönes Geschirr, elegante Tische und Sitzgelegenheiten haben diesen tollen ersten Eindruck abgerundet. Die Karte bietet eine klassische piemontesische Küche, die Gerichte kommen aber jugendlich frisch interpretiert und doch immer wieder etwas moderner arrangiert an den Tisch. Ein ganz junges Team hat sich hier richtig viel vor genommen. Kommen wir zum Menü:
Im „tasTe“ in der Strada Nicolini Alto, 10, Localita Tre Stelle, Barbaresco gab es den auch in der Langhe inzwischen gerne gereichten „Gruß aus der Küche“, in diesem Fall ein hausgemachtes Knäckebrot mit einer dünnen Scheibe Kalbfleisch, leicht geräuchert und mit einem Dip aus Sauerrahm versehen. War fein! 8 von 10 Punkte.
Nicht oft bekommt man, wie im „tasTe“, hausgemachtes Brot und Grissini nicht nur klassisch sondern auch in einer Vollkornvariante gereicht (7 von 10 Punkte).
Dann haben wir uns, um möglichst gut beurteilen zu können, was das Restaurant zu bieten hat, als ersten Gang für eine gemischte Vorspeisenauswahl entschieden.
Das Vitello Tonnato war vom Garpunkt her einwandfrei getroffen. Die einzelnen Fleischscheiben waren etwas stärker geschnitten als üblich. Die Thunfischmayonnaise war sehr gut, einen bleibenden, guten Eindruck haben die Meersalzflocken auf dem Vitello Tonnato hinterlassen. (8 von 10 Punkte).
Ein Highlight bei den Vorspeisen war das Carne Cruda – sehr fein geschnitten, toll angemacht, selten so gut erlebt! 9 von 10 Punkte.
Nicht oft bei den klassischen Vorspeisen der Langhe gibt es einen Octopus-Salat. Dieser war jedoch auch hervorragend, mit gegrilltem Gemüse, die Tintenfischstückchen sensationell zart, das Ganze fein als Salat – ein Genuss! 9 von 10 Punkte.
Weiter gab es gesottenes Kalbfleisch in dünnen Scheiben, auch als Salat mit Gemüsestreifen angemacht, konnte man gut essen, aber kein weiteres Highlight.(6/10)
Sehr gut wiederum waren die frittierten, mit angemachtem Frischkäse gefüllten, warmen Zucchiniblüten mit einer grüner Sauce (8/10)
Als ersten Hauptgang gibt es für uns, wenn wir nur wenige Abendessen haben, zu den Tajarin mit Ragu keine wirklich ernsthafte Konkurrenz. Das Ragu noch saftig, die Pasta perfekt gekocht, die Konsistenz von Beidem war hervorragend. Leider war für unseren Geschmack, wobei dies natürlich subjektiv ist, etwas zu viel Salz dran, daher nur 6 von 10 Punkten. Man möchte es dem engagierten Team auf alle Fälle verzeihen, zumal auch noch Italien parallel sein Gruppenspiel gegen Wales bei der EM bestritten hat und der eine oder andere Koch vielleicht doch etwas abgelenkt war.😉) Wir haben die Kritik leise und sachlich angebracht und hätten spontan ein Alternativgericht bekommen können, was jedoch unser Fassungsvermögen vermutlich gesprengt hätte. Aber die Reaktion vom Service war einwandfrei und professionell. Wir hatten uns dazu entschlossen, lieber genießen wir die tolle Aussicht und das test- und maskenfreie Abendessen auf der Terrasse bei lauen Sommernachtstemperaturen an diesem schönen Abend.
Der Hase als zweiter Hauptgang, knochenfrei als Rollbraten war eine Verheißung. Mit der tollen Sauce, den klassischen Beilagen, Karotten sowie gebackene Kartoffelstücke war alles ein optisches Gedicht, leider auch hier bezüglich Salz an der Grenze (7 von 10 Punkte). Normal gesalzen hätten wir für das Gericht mit Hase vermutlich 10 von 10 Punkten vergeben. Aber wir waren uns beide einig, hierher kommen wir nochmal und werden es ein zweites Mal probieren.
Für Johanna gab es dann schon mal einen Cappucino mit süßem Gebäck, das hat gepasst (8 von 10 Punkte).
Das Dolci wiederum war toll. Feine hausgemachte Sorbets und wunderbares Schokoladeneis für mich und ein warmes Schokoladentörtchen mit flüssigem Kern für Johanna, dazu ebenfalls etwas Eiscreme. 9 von 10 Punkte!
Zusammenfassend kann man sagen: Ein junges Team mit guten Ideen. Wir haben erstklassige Vorspeisen und Nachtische bekommen. Die einzelnen Gänge kamen untypisch italienisch etwas zu schnell hintereinander, gefühlt warteten wir dafür recht lange darauf bezahlen zu dürfen. Die Pasta und der Hase waren von der Idee her klasse gemacht, aber jeweils etwas zu salzig. Die Lage ist einzigartig schön. Es sind wohl auch im Herbst, falls die Terrasse nicht geöffnet werden kann, Tische im EG barrierefrei zu erreichen – ein weiterer Pluspunkt. Das „tasTe“ in Tre Stelle erhält von uns beim ersten Besuch 7 von 10 Punkten, aber das Versprechen, nochmal zu kommen. Wir haben insgesamt ein sehr gutes Gefühl, können es auch jetzt schon weiterempfehlen.
An unserem letzten Abend im Piemont waren wir beim Lieblingsrestaurant von Elvio, unserem Winzer. Wir nehmen es gerne schon einmal vorweg, es war das diesjährige Highlight unserer Restaurantbesuche im Piemont! Gutes Essen hat sich den ganzen Abend mit überraschenden Menschen und Konzeptionen abgewechselt. Wir hatten Spaß wie selten beim Ausgehen. Die Osteria „Ostu di Djun“ in Castagnito liegt etwas abseits im Ort, und man fährt gerne erst einmal vorbei.
Beginnen wir mit dem Wirt und der Einrichtung. Das Innere der Osteria schmückt ein von alleine spielendes Piano und zentral in der Mitte stehend, eine alte Harley Davidson. Offensichtlich wird dieses Lokal auch tatsächlich gerne von Bikern besucht, wie eine Gruppe der „Hells Angels Italy“ am Nachbartisch eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat. In der Konstellation waren alle jedoch nur lustige Gäste mit viel Spaß beim Restaurantbesuch und feinem Essen. Auffallend waren die Jungs trotzdem. Es gab keine Speisekarte, auch keine mündliche Mitteilung, was auf uns zukommt. Es wurde lediglich gefragt, ob wir an Allergien leiden. Nachdem wir diese Frage glücklicherweise verneinen konnten, stand dem Abenteuer Abendessen im „Ostu di DJun“ nichts mehr im Weg.
Interessant war die Bodenbeschaffenheit im Restaurantgarten, in dem serviert wurde. Der gesamte Boden war mit getrockneten Haselnussschalen ausgestreut. Insgesamt ein sehr weicher, angenehmer Bodenbelag, fast mit Rindenmulch zu vergleichen, geruchsfrei und warm. Einzig für den Rollstuhl von Johanna nicht optimal. Das nächste Mal nehmen wir einen Tisch am Anfang des Restaurants und nicht ganz hinten, wo das Plätzchen zwar sehr romantisch und lauschig zwischen Sträuchern und Bäumen war, sich aber mit dem Rollstuhl als ein weiter Weg durch „schwieriges Geläuf“ herausstellte.
Die Begrüßung, gerade von Johanna, war so etwas von einnehmend herzlich und schön, dass es einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Wenn auch etwas verrückt, ein wirklich feiner Kerl, bis zum Schluss. Der Wein wird ausschließlich in 1,5 Liter Magnumflaschen serviert. Ob Weiß-, Rosé- oder diverse Rotweine, man bekommt eine Auswahl an den Tisch gestellt und wird aufgefordert, zu probieren, welchen man mag und davon zu trinken. Wiederum ohne eine Ahnung, was es kostet…. (da tun wir Deutschen uns einfach nicht leicht damit; aufgrund der Empfehlung von Elvio hatte ich zwar keine größeren Bedenken, aber komisch war es schon) … der Hammer! Ich habe getan, was mir gesagt wurde, durchprobiert und dann getrunken, so viel und was ich wollte. Gab dem Abend so den optimalen Rahmen …
Es gab ein piemontesisches Degustationsmenü mit ein paar schönen Überraschungen. Begonnen haben wir mit kalten Vorspeisen. Carne Cruda in zwei Varianten, einmal klassisch fein geschnitten und fein angemacht (9 von 10 Punkte) und eine weitere Variante hauchdünn in Scheiben geschnittenes und in gutem Olivenöl, Salz und Pfeffer mariniertes rohes Kalbfleisch (9 von 10 Punkte). Dazu wirklich erstklassige Grissini (9 von 10 Punkte). Keine zwei gleichen Teller im Restaurant, das hatte was. Leicht geräucherte Lachforellenfilets mit einer feinen Kräutersenfsauce waren mal etwas Neues als Vorspeise, aber auch wirklich gut (8 von 10 Punkte).
Gemocht haben wir auch die kleinen gebackenen Pizzateiglinge, warm, belegt mit Salami, rohem Schinken und Lardo (8 von 10 Punkte).
Dann wurden wir tatsächlich zum ersten Mal gefragt, was wir wollen. Wir hatten die Wahl zwischen einem Risotto und Tajarin mit Ragu. Was sollen wir sagen, Ihr ahnt vermutlich schon, für was wir uns entschieden haben. Die Tajarin wurden dann auch toll serviert: Als gemeinsame Portion noch in der heißen Pfanne abgedeckt, kamen die sehr fein geschnittenen, hausgemachten Tajarin mit einem feinen Ragu an den Tisch. Waren allererste Güte (8 von 10 Punkte). Zum zweiten Hauptgang gab es eine kleine Auswahl Scampi, oder ein Kalbsteak, oder Hase. Um einen echten Vergleich zu haben, habe ich mich für den Hasen entschieden. Der fiel leider im Vergleich zu den vorangegangenen, zugegeben teilweise herausragend guten Gängen, etwas ab (6 von 10 Punkte). Das Fleisch war einen Hauch zu trocken, was bei Hase natürlich ganz schnell passieren kann (das Kalbsteak beim Nachbarn hat dagegen herausragend gut ausgesehen…).
Zum Abschluss hatte ich ein tolles Sorbet, Johanna ein wirklich gutes Tiramisu, beide witzig in einem Weckglas serviert (8 von 10 Punkte). Es war ein gutes Abendessen in einer wirklich ansprechend schönen Umgebung. Der Wirt ein Original und ein bisschen verrückt, der ganze Abend ein Erlebnis mit durchweg angenehmen und illustren Gästen. Ein weiteres, kleines Highlight war das Bezahlen unseres Essens. Wieviel Wein ich getrunken hatte bzw. welchen Wein spielte keine Rolle. Eine Zahlung mit Karte war nicht möglich, der Betrag wurde zum besseren Verständnis auf dem Taschenrechner angezeigt und wurde wunschgemäß in bar bezahlt. Die veranschlagte Summe war eine weitere, sehr angenehme Überraschung. Sie passte zu der Herzlichkeit und gelebten Gastfreundschaft der Osteria „Ostu di Djun“ in Castagnito. Ein echter Geheimtipp und auf alle Fälle das nächste Mal auf unserer Auswahlliste für die zu besuchenden Restaurants wieder mit dabei. In Summe vergeben wir 8,5 von 10 Punkten, da will man wieder hin.
Am nächsten Morgen ist es uns tatsächlich gelungen, halbwegs früh zu unserem Frühstück zu gelangen, welches wir in Ruhe genossen haben, um dann mit einer Kiste Barbera Superior „Salgae“ von Ada Nada als „Wegzehrung“ um 10 Uhr am Morgen die Weiterreise zu starten. Der sonst übliche, großzügige Weineinkauf haben wir aufgrund der Tatsache, dass wir noch 4 Tage bei diesen Temperaturen am Gardasee verweilen würden, auf den eigentlich geplanten Piemonturlaub Ende September verschoben, wo wir am Ende direkt wieder nach Hause fahren werden.
Unsere zweite Destination war das Agriturismo „Maso Botes“ in Arco del Garda. Leider hatten wir an diesem Mittwoch verkehrstechnisch nicht so viel Glück wie bei der Anreise ins Piemont. Es erwischte uns ein zweistündiger Stau bei Brescia, im Grunde genommen nur noch einen Katzensprung vom Ziel entfernt, welches wir nach einer weiteren guten Stunde Fahrzeit dann auch erreichten. Nach rund sechs Stunden Reisezeit erwartete uns noch eine Überraschung nach der anderen …
Wir folgten bei der Anreise zum Hotel unserem Navi, dieses führte uns durch den historischen Ortskern von Arco. Mit unserem Jumper (4 lang/2 hoch) und langem Radstand kamen wir ohne Umkehrchance an einen historischen, gemauerten Rundbogendurchgang. Der Warnhinweis „2,30 m maximale Höhe“ machte uns nachdenklich, denn unser Fahrzeug war am höchsten Punkt mit der Lüftungsklappe knappe 2,60 m hoch. Der Rundbogen gab mittig jedoch unsere Höhe her. Im langsamen Schritt durchquerten wir das Hindernis und es hätte auch beinahe gereicht… Am Ende sind wir auf der Beifahrerseite am hinteren Ende ganz leicht gestreift, kein nennenswerter Schaden, aber ein „verheißungsvoller Beginn“ unseres zweiten Urlaubsabschnittes. Aber keine Sorge, es kam noch besser. Pünktlich zur Anreise am Ziel setzte ein starker Gewitterregen ein. Wir folgten dann weiter den Hinweisen vom Navi, die richtig waren, aber das Ganze nicht leichter machten. Es ging eine sehr schmale, sehr kurvige Bergstraße in die Höhe, kaum breiter als das eigene Fahrzeug. Wir waren schon überzeugt, dass wir falsch waren, als wir von dieser schmalen Bergstraße eine extrem steile Abzweigung zu unserer Übernachtungsstätte entdeckten. Rutschiges Kopfsteinpflaster, ca. 25% Steigung, keinen Platz mehr für die Aussenspiegel auf beiden Seiten auf den ersten 30 m; eine Einfahrt in den steilen Stichweg, die ein Umdrehen irgendwo auf der Bergstraße und die Anfahrt des Stichweges von der anderen Richtung her erforderlich machte. (das war übrigens für alle die übliche Anfahrt, also intuitiv erst mal alles soweit richtig gemacht). Etwas Sorge machte mir nur das rutschige Kopfsteinpflaster auf den ersten Meter des heftigen Anstieges am Berg und die 3,5 Tonnen unter meinem Fahrersitz. Es war ein echtes Abenteuer, mit durchdrehenden Antriebsrädern und angemessenem Herzklopfen von uns beiden, aber wir erreichten das Ziel ohne nennenswerte weitere Schäden. Ok, die Olivenernte links und rechts vom Fahrweg wird etwas geringer ausfallen, die noch jungen und weichen Äste haben jedoch keine weiteren Schäden am Auto hinterlassen. Wir haben diese Ab- und Auffahrten jedoch nur noch in aus unserer Sicht dringenden Fällen gemacht. Im Gegensatz zu unseren sonstigen Gewohnheiten haben wir außerordentlich oft die luxuriösen Annehmlichkeiten unserer Herberge genossen. Für meinen Allrad-Pkw wäre es ein Vergnügen gewesen, aber mit dem großen Kastenwagen war das Ganze auch bei trockenem Wetter und ausgeruht immer wieder eine Herausforderung. Durch den Torbogen mussten wir allerdings nicht mehr, da gab es dann noch geschicktere Fahrwege, welche uns der Besitzer des noblen Agriturismo Maso Botes in Arco dann auch gerne zeigte und erklärte.
Der landwirtschaftliche Hintergrund dieses Agriturismo ist die Produktion von BIO-Honig und sehr feinem BIO-Olivenöl. Beides konnte beim Frühstück zu passenden Gerichten ausgiebig probiert werden, auf Wunsch auch sehr gerne bei einem Olivenöl-Tasting im Keller des Hauses. Das Frühstück war sehr nett gemacht, nicht ganz die Liga vom Ada Nada, aber durchaus akzeptabel. Beim Hotel handelte es sich um einen architektonisch gewagten Rundbau, der sich terrassenförmig und landschaftlich sehr verträglich an den Berg schmiegt.
Aber was für ein Blick über Arco, Riva und das nördliche Ende des Gardasees!
Atemberaubend, schon vom Zimmer aus, vor allem jedoch von den gepflegten Außenbereichen des Hotels. Am Gardasee und bei der Preislage: unnötig zu erwähnen, dass sich nur deutsche Gäste dort eingemietet haben. Entsprechend unnötig aufwendig waren die Corona-Schutzmaßnahmen, und entsprechend auf deren Einhaltung waren die Gäste auch bedacht…! Von der Gegend beeindruckt, haben wir uns dann auch weitere Übernachtungsmöglichkeiten in Arco und Umgebung angesehen, die eher zu unserer Mobilität passen, denn schön ist es dort schon, ohne jede Frage.
Wir sind auch an zwei Tagen los, um irgendwo schön auszugehen und ein schönes Essen zu genießen. Das eine Mal scheiterte es an fehlenden Parkmöglichkeiten für unser Gefährt. Das andere Mal jedoch war unser Restaurant-Highlight der gesamten Urlaubsreise.
Ich hatte abseits der Restaurantempfehlungen unserer Herberge im Internet ein schönes Restaurant entdeckt, welches dann auch tatsächlich etwas abseits der verdichteten Ortskerne zu finden war. Das Restaurant „Peter Brunel“ in Arco.
Peter Brunel ist ein Koch, der seit einem Jahr mit einem Michelin Stern ausgezeichnet ist. Wir haben, um es vorweg zu nehmen, so gut gegessen wie schon lange nicht mehr. Auch im Vergleich zu einer Auberge de l’Ill in Illhäusern oder einem Restaurant Sackmann in Schwarzenberg bleibt dieser Eindruck bestehen.
Eine wirklich schöne Begegnung hatten wir am Vortag, als wir einfach mal zum Restaurant „Peter Brunel“ hin sind, um für die nächsten Tage nach einem freien Tisch zu fragen. Auch hier am Gardasee ist die Hochsaison bereits seit einigen Tagen voll gestartet. Wir hatten Glück, für den nächsten Mittag war eine Reservierung noch möglich. Christian Aicher der Restaurantleiter hatte uns begrüßt. Ich konnte mich daran erinnern, dass ich gelesen hatte, dass er bereits bei Marc Häberlin in Illhäusern und auch im Hubertus in St. Kassein in Südtirol als Restaurantleiter gearbeitet hatte – jeweils berühmte Restaurants mit zu seiner Zeit 3 Michelin-Sternen. Als er uns dann fragte, ob wir direkt aus Deutschland angekommen sind und wir Ihm sagten, nein wir waren erst ein paar Tage im Piemont, fragte er, von wo dort. Wir sagten, ob er Treiso kenne, er meinte natürlich! Dann sagten wir ihm, wir waren auf dem Weingut Ada Nada. Da bekam er ein breites Grinsen, schwärmte von Annalisa und ihren Weinen, er kenne diese noch aus dem Hubertus und war auch schon vor Ort.
Es wurde ein schöner Nachmittag, und auch beim Essen ein Tag später waren wir ungewollt „Special guests“!
Johanna aß „a la Carte“ – meine exklusive Begleitung wie immer 😊 – und ich nahm das Angebot an, trotz Mittagsküche auch gerne ein Menü aus der Abendkarte haben zu können. Das habe ich gerne mit dem Überraschungsmenü vom Chefkoch wahrgenommen. Inklusive Weinbegleitung, Johanna bekam zu Ihren Gängen jeweils passende alkoholfreie Cocktails. Es war unglaublich großzügig und super fein gekocht. Trentiner Küche auf allerhöchstem Niveau. Ein „must have“ wann immer wir wieder in der Nähe sind!
Das „Peter Brunel“, Peter Brunel selbst und vor allem Christian auf seine persönliche und sehr gastfreundliche Art und Weise erhalten von uns 10 von möglichen 10 Punkten, da uns nicht einfällt, was noch ansprechender oder besser hätte sein können. Auch im Vergleich mit anderen Sternerestaurants fällt uns hier im Moment so gut wie nichts ein. Die Schlussrechnung war eine weitere, sehr angenehme und positive Überraschung.
Wir werden diese Region wieder besuchen, eine passendere Übernachtung in Anspruch nehmen und auf alle Fälle dem Restaurant von Peter Brunel und Christian Aicher wieder einen Besuch abstatten.
Nachdem wir uns in unserem Agriturismo mit dem wirklich ansprechend guten und sorgfältig hergestellten Olivenöl eingedeckt hatten, sind wir ein letztes Mal den abenteuerlichen Weg zur nächsten normalen Straße gefahren und ohne größere Schwierigkeiten nach Hause gekommen. Nicht unerwähnt sollte unser „Edelstop“ im Gasthof/Brauerei/Hopfenproduzenten „Schöre“ in Dietmannsweiler, einem Ortsteil von Tettnang bleiben, wo wir um ein zünftiges Vesper und erstklassigem Bier nicht herumgekommen sind.
Euer Reiseberichterstatter
Harald
* Hier ein paar Hinweise zu unserem einfachen Bewertungsmaßstab, den wir für uns selbst entwickelt haben, um nach den vielen Jahren und unterschiedlichen Erfahrungen uns etwas besser orientieren zu können:
- 0 bis 3 von 10 Punkten: Schlecht
- 4 bis 6 von 10 Punkten: Manches ist ok, aber insgesamt nur Mittelmaß
- 7 bis 8 von 10 Punkten: Gute Gerichte und Serviceleistungen, empfehlenswertes Restaurant
- 9 bis 10 von 10 Punkten: Hervorragendes Essen, Weine und Service – ein „must have“