September 2021
Wir haben uns dieses Mal ein paar Tage früher ins Piemonte aufgemacht. Wir lieben es, die örtliche Gastronomie im Freien auf den Terrassen und in den Außenbereichen der Restaurants und Osterias zu genießen. Gleichzeitig ist auch dort im südlichen Voralpenland die Tages- und Nachthöchsttemperatur nicht mehr so extrem hoch. Ähnlich angenehm bereist man die Langhe/Piemonte nur noch im Mai. Dafür, dass an unserem Reisewochenende sehr viele Ferien zu Ende gehen, sind wir recht gut gefahren und gut angekommen.
Vor dem Einzug in unser Ferienhäuschen, welches von Annalisa und Elvio wieder schön vorbereitet war, haben wir uns erst mal um die Reservierung fürs erste Dinner im Piemont gekümmert.
Heute, Sonntag Abend gehts ins Le Rocche in Treiso, in den Räumlichkeiten des ehemaligen „Profumo di Vino“: Kleine, typische Speisekarte. Das Extra waren hausgemachte Taijarin mit Steinpilzen und ein Lammgericht. Hanni hatte als Vorspeise Vitello Tonato, ich ein Carne cruda. Das Carne cruda war erstklassig, perfekt geschnitten, gut gewürzt, feines Olivenöl, Meersalz.
Wie jedes Mal sind wir immer wieder beeindruckt von der Herzlichkeit und Gastfreundschaft der Inhaberfamilie des Weingutes Adanada. Trotz der immensen Arbeit für alle ist immer wieder Zeit für ein kurzes Gespräch. Wie immer reserviert uns Annalisa mit viel Engagement und die Situation von Hanni stets im Blick die Restaurants für die Abende. Immer wieder eines besser als das andere. Mit dem tollen, hausgemachten Frühstück in bekannter Vielfalt starten wir immer wieder gut in die Urlaubstage im Piemonte. Gäbe es das „Adanada“ nicht schon seit über 100 Jahren, man müsste es erfinden….! Ganz im Stile wie die Mama ist auch Elisa, eine der Töchter, immer wieder für uns da. Hilfsbereit, zuvorkommend und höflich. Das trifft wie immer auf das ganze Team des Weingutes zu.
Montag, 13.9.: Osteria „Ostu di Djun“ in Castagnito , einfach wieder sehr gut. Als „Secondo“ ein tolles Kalbsteak mit Käse überbacken und Rosmarin. Lugiano, der Wirt, wie immer alleine schon ein Erlebnis, die Küche gleichbleibend sehr gut. 8 von 10 Punkte mit Tendenz nach oben.
Dienstag, 14.9.: Villa Garassino, ganz in der nähe vom Adanada, wunderschön auf der nächsten Hügelkette gelegen. Schöner Außenbereich überdacht in der ehemaligen Scheune. Nette Inhaber , sehr angenehme und nette Bedienung. Als Entree gab es eine Bohnencreme mit Thunfisch und Tomate. Fein! Dann ein etwas gröber geschnittenes Carne Cruda, toll angemacht mit dem ersten schwarzen Trüffel für uns garniert. Danach wirklich feine hausgemachte Taijarin mit Ragu. Dazu gabs frisch geriebenen Parmesan. Ehrlich gesagt, es war ein unerwartet guter und furioser Start! Der Barbera Superior brauchte seine Zeit und Luft, aber war dann sehr gut.
Das „Secondo“ war ein Schweinefilet im Teigmantel, schön rosa gebraten, aber fast nicht gewürzt – schade. Nach recht langer Zwischenpause kam das im Degustationsmenu angekündigte Panna Cotta. 2 x 3 Euro für Coperto trotz Menuewahl, 4 Euro für einen Grappa nach dem Essen konkurrieren mit einem für die gute Qualität sehr günstigen Rotwein. Wir sagen, hier kann man jederzeit gut hin, junges Publikum, das Essen passt. Wir geben in Summe 7 von 10 Punkte.
Am Mittwoch, 15.9. waren wir tagsüber mal wieder in der Grappa-Destillerie BERTA in Mombaruzzo, von Alba aus betrachtet Richtung Aqui Therme gelegen, ca. 40 km und rund 45 Fahrminuten von unserem Ferienhäuschen in Treiso entfernt. Coronabedingt ein sehr schlichter und kühler Einkauf. Erstmal verschlossene Türen, wo aber ein freundlicher, junger Mann nach dem Klingeln geöffnet hat. Zum Probieren gab es nichts, aber unseren „Grundbedarf“ an Destillaten konnten wir eindecken. Hier werden wir uns in den nächsten Reisen mal um eine Alternative umschauen.
Um so beeindruckender und schöner war unser Abendessen. Heute gings, ein Premierebesuch, in die Osteria delle Aie nach Castellinaldo bei Canale, so rund 15 km nordwestlich von Alba, ein wunderschönes, an die Berghänge gebautes, altes Städchen. Das Restaurant, in der Unterstadt direkt am Dorf-/Marktplatz gelegen, machte schon von außen betrachtet einen wunderschönen, einladenden Eindruck. Ein etwas verspielt, romantisch gestalteter Außenbereich, mit Lichterketten beleuchtet, machte gleich Lust zum Einkehren.
Wir konnten auf der Terrasse Platz nehmen. Sogleich durften wir uns für einen Arneis (für die Roero typischer Weisswein) als Aperitif entscheiden, ausgeschenkt aus einer 1,5 Liter Magnumflasche, die am Tisch verblieb…, woher kannten wir das? Richtig, von der Osteria Ostu di Djun. Die jeweiligen Inhaber sind Brüder….
Nachdem eine geduldige und freundliche Bedienung uns die ganze Bandbreite an kalten und warmen Vorspeisen mündlich vorgetragen hat, wir definitiv nicht wirklich verstanden haben, was auf uns wartete, haben wir uns kurzerhand für eine gemischte Vorspeise „von allem ebbes“ entschieden. Ein Volltreffer! Eine kleine Portion feinstes Carne Cruda, begleitet von kleinen, sehr zitronigen, panierten kalten Putenschnitzelchen in einem Weckglas serviert, machten den Anfang. Wunderbar waren die mit Thunfisch gefüllten und mit Anchovies gewürzten Paprikaröllchen danach. Mal etwas anderes war auch das Vitello, klassisch rosa gegart, hauchdünn geschnitten, aber mit einer grünen und roten Salsa serviert. Ebenfalls sehr ansprechend in einem Holzkistchen in Backpapier serviert bekamen wir eine mit Frischkäse und Kräutern gefüllte und in einem Tempurateig herausgebackene Zucchiniblüte. Als Zwischengang wählten wir, aus dem geduldigen Vortrag unserer Bedienung, zum einen klassische Tajiarin mit Ragu in bester Qualität (die kamen in der Pfanne serviert und am Tisch geschöpft an den Tisch) und Johanna entschied sich für eine Lasagne mit Steinpilzen. Die Steinpilzlasagne war über den ganzen Abend hinweg der einzige Gang, der geringfügig etwas im Vergleich abfiel. Nach einem Nebbiolo, ebenfalls aus der 1,5 Liter Flasche, kam zum Nudelgang und Hauptgang der gewünschte Barolo. Sehr beeindruckend in einer für mich am Tisch geöffneten 3 Liter Magnumflasche. Ich durfte mir daraus tatsächlich 3 mal nachschenken, bevor die Flasche zum nächsten Gast wanderte.
Aus der Auswahl der Hauptgerichte ( unter anderem Schnecken, Froschschenkel, Garnelen….) hat sich Johanna für wirklich hervorragend gemachte Lammkotelett und ich mich für ein Pärchen Wachteln aus dem Backofen entschieden, jeweils mit geschmortem Gemüse serviert. Absolut gut gemacht, toll begleitet vom sehr guten Barolo. Beim Nachtisch haben wir uns beide für das hausgemachte Tiramisu entschieden, serviert in Moccakännchen aus Porzellan. Sehr fein und überraschend mit einer feinen Haube warmer Schokoladensauce versehen. Den dazu angetragenen Süßwein zum Dessert haben wir der Vernunft wegen ausgelassen. Einen guten Sibona Reserva Grappa gabs dann doch noch am Schluss, den ich mir aus 7(!) Magnumflaschen verschiedener Grappa aussuchen durfte ( ich hätte auch durchprobieren dürfen….). Der familiäre und tolle Service, das erstklassige und hochwertige Essen, die Gaudi mit den Magnumflaschen inkl. der Grosszügigkeit unserer Gastgeber können trotz der kleinen Schwäche bei der Steinpilzlasagne nur 10 von 10 möglichen Punkten zulassen, zumal mit 55 Euro je Person, alles drin, ohne einzeln aufzurechnen alles auch noch in einem in dieser tollen Woche unschlagbarem Preis-/ Leistungsverhältnis stand. Hier haben wir bis auf weiteres ein absolutes „must have“ für unsere zukünftigen Trips ins Piemont.
Donnerstag, 16.9. nahmen wir seit längerem mal wieder an einer Weinprobe von Annalisa auf unserem Weingut teil. Annalisa und auch Elvio wirkten schon etwas erschöpft, aber wer will es ihnen in diesen harten und schwierigen Zeiten verdenken. Trotzdem immer herzlich, immer ein Lächeln übrig und mit ungebrochener Leidenschaft und Fleiß bei der Sache. Weiß der Herrgott, was grad mit mir los ist, der wunderbare Barbera Superior „Salgae“ den ich normalerweise liebe und empfehle, geht mir dieses Mal einfach nicht so begeisternd und lässig über die Lippen wie all die Jahre zuvor. Kein Problem bei der Auswahl an erstklassigen Weinen von Ada Nada ( toll dieses Mal der Nebbiolo „Serena“ und ganz fein die Spitzenweine, die Barbaresco „Elisa“ und „Cichin“ Riserva). Eine Heimfahrt ohne Wein stand also zu keinem Zeitpunkt zur Debatte, aber mit meinem Verhältnis zum „Salgae“ steh ich doch etwas ratlos da…! Neben je 2 Kisten Nebbiolo, Barbera Pierin, Barbaresco Elisa und einer Kiste Barbaresco Cichin Riserva nehme ich dann aber doch auch eine Kiste Barbera Superior Salgae mit nach Hause. Sicherheitshalber….
Am Abend stand der Besuch vom „tasTe“ in Tre Stelle an. Der fiel durch einen ausgiebigen Gewitterregen, bei gleichzeitig nicht vorhandenen „Corona Green Pass“ für den Restaurantinnenbereich, da auf der Terrasse gebucht, buchstäblich ins Wasser. Und da war es wieder, das typisch Deutsche, was uns hin und wieder ein wenig peinlich erscheinen lässt. Wir hatten nicht mal gefragt im Restaurant, ob es einen Platz für uns gäbe, wir waren einfach selbstredend und leider gewohnt von zu Hause, davon ausgegangen, dass wir jetzt ohne „Corona Green Pass“ keinen Platz bekommen würden und sind ohne näher zu fragen, unverrichteter Dinge wieder zur Ferienwohnung gefahren. Annalisa hat ganz schön und zurecht geschimpft mit uns, da sie ja (was sie wirklich mit viel Engagement immer wieder toll für uns macht) für uns reserviert hatte. Da haben wir uns, vollkommen zurecht, ganz ordentlich geschämt 😥. Wir haben uns natürlich fest vorgenommen, nicht noch mal so blöde zu sein und vor allem die Mühe von Annalisa nicht wieder zu übersehen, welche wir auch wirklich sehr schätzen und auch ganz sicher nicht mit Absicht vernachlässigen. Aber hier zeigt es sich doch mal immer wieder…“nobody is perfect“, ob man will oder nicht. Hinzu kommt, der inzwischen schon 18 Monate andauernde Corona- Stress geht wohl auch an uns nicht spurlos vorüber und tut sein Eigenes noch dazu.
Annalisa wird es uns hoffentlich verzeihen, wir sind am Ende sehr dankbar drum, dass sie das, wie so vieles anderes auch, für uns tut.
Freitag, 17.9. – Nach der „Ansprache“ von Annalisa sind wir kurz zurück ins Casot, um dann zur altehrwürdigen Winzergenossenschaft „Terre del Barolo“ nach Grinzane Cavour zu fahren. Auch dort hat sich einiges getan. Ein riesiger Holz-/Glasanbau war fertig geworden. Hier kaufe ich gerne mal einen guten Barolo, da Annalisa diesen aufgrund der Lagen nicht produziert, sondern sich ganz dem geografisch passenden Barbaresco verschrieben hat.
Dann hatte Johanna die gute Idee, wir schauen einfach mal, ob das „taste“ offen hat, entschuldigen uns persönlich noch einmal für unser Nichterscheinen am Vorabend und bleiben, falls Platz, zum Mittagessen.
Guter Einfall, schönes Wetter, die Leute haben sich total gefreut und wir hatten ein paar total feine Gerichte zum Essen. Beide nahmen wir ein „Carne Cruda“, Johanna danach die traditionellen Taijarin mit Ragu, ich hatte einen Kaninchenrollbraten mit Paprikagemüse. Und beides dieses Mal wirklich gut gemacht, jedoch mit Johanna‘ s Schokotörtchen und meinem Zitronensorbet natürlich viel zu viel des Guten. Begleitet hat mich ein offenes Glas Barbaresco 2017. Macht ordentliche 8 von 10 Punkten.
Vor allem die interessante Unterhaltung mit Stefano, dem Betreiber der Osteria, hat uns gut gefallen.
Am Freitag Abend, 17.9., hat Annalisa für uns im „Tres“ in Trezzo Tinella, in der Via Roma reserviert, aufgrund des Besuches dort im Vorjahr verspürten wir schon echte Vorfreude. Nach Ende der ersten Halbzeit Schalke – KSC (1:1 bei Halbzeit) per Sky Ticket und dem Auftrag für meine Schwester Karin, mir das Endergebniss zu berichten ( 2:1 Auswärtssieg 👍) ging es los. Ist nicht weit weg, zwischen Treiso und Neviglie, vielleicht 8 bis 10 Autominuten vom Adanada weg. Eine wunderbare Lokalität, sie kocht (und wie….), er macht den Service. Sie eine Ex-Food-Blockerin, er ehemaliger Rechtsanwalt. Inzwischen reichen sie im „Tres“ sehr guten Barbaresco vom eigenen Weinbau, ideal zu der tollen Kocherei.
Machen wir es kurz: Vitello Tonnato, Carne Cruda, kleine „Schweinereien“ als Apetizer, unglaublich gute Taijarin mit dem feinsten Ragu diese Woche, ich hatte am Ende noch ein wunderbares Schweinerückensteak von toller Fleischqualität. Der hauseigene Barbaresco offen im Glas angeboten war auch einfach nur gut. Es kann für das Essen nur die vollen 10 von 10 Punkten geben. Einzig die baulichen Gegebenheiten sind der ländlichen Umgebung entsprechend etwas einfach. Dafür ist von der Terrasse der Blick auf den hauseigenen Gemüse- und Kräutergarten möglich, wo viele Zutaten in bester Bio-Qualität heranwachsen können. Achtung, das Restaurant ist von nur Donnerstag bis Sonntag nur geöffnet. Einfach ganz liebe Leute mit viel Herz und Leidenschaft in ihrem Tun. Es macht auch Spaß, sich mit Beiden zu unterhalten. Das „Tres“ in Trezzo Tinella wäre ein echter Geheimtipp, wenn ich nicht jedem gerade davon berichten würde😉! Ach ja, die Preise passen auch absolut in die Welt. Die Rechnung kam versüßt, der Grappa, im Bourbonfass nachgereift, erst danach…
Das war leider unser letzter Abend für dieses Mal. Morgen, Samstag, 18.9.21 geht es wieder auf den Nachhauseweg. Ganz am Schluss wieder einmal ein tolles Kompliment für unsere Gastgeber vom Adanada, Treiso. Annalisa, Elvio und auch täglich Elisa, wie auch die fleissigen Hände der Mitarbeiter/-innen machen den Unterschied zu vielen bisherigen Urlaubsdestinationen aus. Alleine mit welcher Liebe, Leidenschaft und Koch-/Backkunst das Frühstücksbuffett jeden morgen angeboten wird, ist immer wieder ein schönes Erlebnis.